Torres: Synthetic Body

14. – 17. Oktober 2021

Torres - Synthetic Body

a. Zeitbasierte Kunst

Im Zentrum meiner Arbeit steht das Verhältnis von Gesellschaft und Individuum sowie sozialer Interaktion. Dabei setzte ich mich intensiv mit dem Körper und den Sinnen auseinander. Mensch und Maschine, menschliche und künstliche Intelligenz. Immer mehr werden die Grenzen dieser Gegensätze verwischt. Algorithmen bestimmen zunehmend unser Leben, Interaktionen finden immer häufiger und rasanter im digitalen Raum statt. Welche Rolle werden Körper und Zeit in Zukunft einnehmen? In meinem neuen Projekt erweitere ich meinen Performancegedanken durch den Einsatz neuer Medien um eine synthetische Ebene. Es entsteht eine Reihe von thematisch verschiedenen time-based Performances, eine interaktive Symbiose von natürlichem Klang, Licht, physischer Bewegung des Körpers und Algorithmus, die ich immer weiter entwickeln werde. Zeitbasierte Kunst ist ein Bündel von Einheiten, die sich mit der komplexen Vielfalt künstlerischer Formen befassen. Das Vergehen und die Manipulation von Zeit stellt das wesentliche Element dar. Zeitbasierte Kunst nimmt Bezug auf Experimentalfilm, Videokunst und Installation, Sound, Performance und Multimedia-Computing. Sie entwickelt ein kritisches Bewusstsein, indem sie die Geschichte des bewegten Bildes und den ausdrucksstarken Einsatz von Technologie und des menschlichen Körpers untersucht.

b. Synthetic Body

Der Künstler bewegt sich im Raum. Er trägt einen mit einem 3D-Stift gezeichneten Torso einer nackten Frau. Die Geschlechtergrenzen verschwimmen und werden überwunden – es geht nur um den Körper als solchen. Es gibt keine direkte Interaktion mit dem Publikum, nur die ersten Reihen können das Geschehen vollständig sehen. An dem Körper befinden sich Mikrofone, die seinen inneren akustischen Tumult aufnehmen und verstärken. Unterschiedlich grelle Lichtsignale und eine Nebelmaschine untermalen die Bewegungen. Ein Algorithmus – das Programm Max 8 – sammelt alle Informationen. Sein Auge ist eine Kamera, seine Ohren sind die Mikrofone. Die Bild-, Ton- und Lichtinformationen wandelt der Algorithmus in ein neues Video und eine biosynthetische Geräuschkulisse um. Die Grenzen zwischen Realität und digitalem Raum verschwimmen und werden neu verhandelt. Bewegung und Licht werden Sound. Geräusche werden Bild. Alles wird neu sortiert. Der neuen Video- und Audiosignale bedient sich der Künstler. Während der Performance schafft er live mittels Loop-Station und Mischpult eine biosynthetisch-biosensorische Audioinszenierung, wobei der Algorithmus stetig weitere Signale aufnimmt und neue Geräusche produziert. So entwickelt sich ein Spannungsanstieg, der immer extremer, greller und chaotischer wird und sich bis zur Unerträglichkeit und einer totalen Sinnesüberflutung steigert. Die von der KI erstellte sensorisch-visuelle Videoinszenierung sowie die Audioinszenierung sind das finale künstlerische Produkt, das – im Gegensatz zum Körper des Künstlers – über Beamer und Lautsprecher allen Betrachtenden zugänglich ist.

c. Torres

Sein Diplom-Studium der freien Kunst an der Akademie der Bildenden Künste bei Peter Kogler schließt Torres 2018 ab und studiert seit 2017 bei Paul Petritsch ortsbezogene Kunst in Wien. Seine vielseitige Arbeit beschäftigt sich mit dem Verhältnis von Gesellschaft und Individuum sowie sozialer Interaktion. Besonders das Erleben des Moments in der Gemeinschaft steht dabei im Fokus. Viele seiner Werke haben eine soziale Komponente, wie etwa die Zuschauerpartizipation in seinen stark vom Zufallsprinzip bestimmten Performances. Als Ausdrucksmittel dient ihm oft die Selbstinszenierung, durch die er humorvoll, aber auch provokant mit dem Publikum in Kontakt tritt. Die dokumentierenden Videoaufnahmen werden im Anschluss zu neuen Installationen zusammengeschnitten. Die Zuschauenden werden mal mehr, mal weniger bewusst mit einbezogen und Teil des neuen Kunstwerks. Die zwischenmenschlichen Handlungen erscheinen darin unter einem anderen Blickwinkel in neuem Licht und regen zur (Selbst-)Analyse des Verhaltens an. Wie ein Spiegelbild der Gesellschaft sind Torres’ Werke meist chaotisch, spontan, antagonistisch, manchmal sinnlich-sexuell oder politisch aufgeladen und schockierend. Ziel ist immer die kritische Auseinandersetzung mit und das Hinterfragen von den durch die Gesellschaft gegebenen Rahmen – seien es soziale Normen, landestypische Verhaltensweisen oder traditionelle Bräuche – und ihre Wirkung auf das Individuum.

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