Böse Blüten
2. März – 5. Mai 2023
Ausstellung
Ihre Boshaftigkeit tarnen sie sehr geschickt, der giftige Schierling, die Parasitenpilze und pflanzenvernichtenden Schädlinge, die der Ausstellung bei ERES Projects ihren Namen geben. Die zigfach vergrößerten Pflanzenparasiten überraschen durch eine bizarre Ästhetik. Bei den um 1900 entstandenen Objekten handelt es sich um naturwissenschaftliche Lehrmodelle, die leicht als künstlerische Arbeiten durchgehen könnten. Die Unikate von Reinhold und Robert Brendel zeigen, wie verblüffend fließend der Übergang zwischen naturwissenschaftlicher Betrachtung und bildender Kunst sein kann. Die mit viel Liebe zum Detail kunstvoll aus Papiermaché, Holz und Gips gefertigten und anschließend bemalten Objekte waren für praktische botanische Übungen an Schulen und Universitäten gedacht, viele kann man – ähnlich wie anatomische Modelle – auseinandernehmen. So lässt sich verstehen und begreifen, wie etwa das Blatt eines Schädlings aufgebaut ist oder was die Form des Sporenlagers so einzigartig macht.
Vereinte diese Form der Naturrepräsentation ästhetisches Sehen, Lehre und Erkenntnis, bezieht sich die finnische Künstlerin Sanna Kannisto (*1974) bei ihrer Naturaneignung auf wissenschaftliche Versuchsanordnungen. Während die moderne STED-Mikroskopie die technische Bildgebung revolutioniert, wählt Kannisto den direkten, unverstellten Blick auf Flora und Fauna. Sie schlüpft in die Rolle der Forscherin, nimmt Teil an wissenschaftlichen Expeditionen, untersucht und fotografiert Pflanzen und Tiere in bühnenartigen mobilen »Field Studios«. Wie in einer Theaterkulisse schlängelt sich darin zum Beispiel eine grün-metallisch schillernde Schlange unheilverkündend um die Stacheln einer Strelitzie. Isoliert aus ihrer natürlichen Umgebung, werden sie Mittelpunkt einer sorgfältigen Inszenierung, die keiner naturwissenschaftlichen Systematik, sondern einem rein ästhetischen Ordnungssystem folgt. Kannisto bewegt sich zwischen den Disziplinen, nutzt das Knowhow und die Ausrüstung der Forschenden für ihre Arbeit. Der Natur nähert sie sich, wie sie kürzlich in einem Interview erklärte, »wie eine Wissenschaftlerin, wie eine Künstlerin, wie ein Kind, wie eine romantische Reisende (…). Denn die Kunst besitzt die Fähigkeit, wissenschaftliche Erkenntnisse auf andere, auf visuelle Weise zu vermitteln.« In der Zusammenschau spannt die Ausstellung einen Bogen zwischen beiden Welten.
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Pressestimmen
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Die Schönheit des Bösen
Süddeutsche Zeitung Extra, 8. März 2023, Henriette Busch
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